Freitag, 31. Oktober 2008

Heute morgen hat Daniel entdeckt, dass Nora nachts noch angerufen hatte und danach eine Sms geschickt hatte. Dabei hat er, als das Telefon klingelte, das Handy in die Hand genommen, es angesehen, gestöhnt und wieder hingelegt. In der Sms stand, dass sie es seltsam findet, dass er nie zu erreichen ist, wenn er hier ist. Er hat die Sms übrigens gelesen, während ich in seinem Arm lag... Ich sagte ihm dann, dass er ihr sagen soll, dass er hier immer sehr früh schlafen geht. Was mache ich da nur... soll er seine Ausreden doch selbst erfinden... sie weiß ja auch nicht, dass wir immer noch zusammen im Bett schlafen...
Nachmittags rief er an, ich soll ihm bitte zwei Telefonnummern heraussuchen, einmal die der Notare, über die wir damals den Hauskauf abwickelten, dann die eines Urologen. Irgendwann erzählte er mir nämlich, dass seine Freundin nicht verhütet, weil sie durch ihre frühere Krebserkrankung die Pille nicht nehmen darf und die Spirale nicht vertragen hatte. Daraufhin antwortete ich ihm, dass ein Kind alle unsere Absprachen über den Haufen werfen würde, und er sich überlegen soll, ob er sich nicht sterilisieren lasse. Wir hatten das früher schon in Betracht gezogen, aber ich musste dann operiert werden wegen einer Zyste im Unterleib und hatte mich dann selbst sterilisieren lassen. Er sagte dann auch, dass weder sie noch er ein Kind wollten und dass er darüber nachdenken wird, was er wohl gemacht hatte...
Beim Gespräch erzählte er auch, dass er mit Nora nochmal wegen gestern geredet hätte und dass ihr ihr Verhalten leid täte, sie aber sehr eifersüchtig gewesen wäre auf uns... Außerdem hätte er leise anklingen lassen, dass er ja zu ihr ziehen könne bis die Wohnung frei wäre, aber das hätte sie sofort abgelehnt. Und das soll ich glauben?
Vormittags war ich dann zum ersten Mal bei der Psychotherapeutin. Mir kamen beim Erzählen dauernd die Tränen. Sie meint, ich würde die Auseinandersetzung mit der Trennung durch die panische Arbeitsuche überlagern. Sie will mich weiter unterstützen und auch über mein Gewicht mit mir sprechen. Ich habe jetzt schon elf Kilo abgenommen.... Aber das Gespräch mit ihr hat mir geholfen und ich war ruhiger als ich zurückfuhr.
Morgens hatte ich in der Zeitung ein Stellenangebot des Krankenhauses, in dem ich früher gearbeitet hatte, gelesen und angerufen, ob sie auch Teilzeitkräfte nehmen und die Dame am Telefon meinte, dass ich eine Bewerbung schicken soll. Aber eigentlich wollte ich nie mehr dorthin zurück. Die Psychologin sagte dann, dass ich dort auch nicht mehr hin müsse und mir erst einmal überlegen soll, was ich wirklich machen wolle. Es gäbe auch beim Arbeitsamt die Möglichkeit einer Wiedereingliederung mit Förderungen, z.B. Büroschulungen.
Auf dem Heimweg habe ich dann die Bewerbung für eine Stelle bei einer Krankenkasse weggeschickt, sie suchen eine Krankenschwester mit Büroerfahrung. Büroerfahrung habe ich zwar keine, aber sehr gute PC-Kenntnisse. Mal sehen, ob sie sich melden...
Zuhause habe ich dann auf der Ulla Popken Homepage gelesen, dass sie für die hiesige Filiale eine Teilzeitverkäuferin suchen. Dort will ich mal nachfragen, ob das noch so ist, weil die Anzeige von Anfang September ist. Dann habe ich in der Thaliafiliale angerufen, aber sie suchen nur Aushilfen für Weihnachten. Und von der Freundin, die die Bücherei leitet, habe ich auch noch keine Antwort auf meine Email bekommen.
Nachmittags fühlte ich mich ziemlich allein und bin zu Katrin. Wir haben uns eine Zeitlang unterhalten, dann hat sie mich für abends eingeladen zum Essen, es kamen auch noch andere Freunde von uns. Auch Daniel wollte kurz vorbeikommen. um etwas abzuholen denn er wollte an diesem Abend mit Nora wegfahren über das Wochenende. Eigentlich wollte er schon früh da sein, aber rief dann irgendwann an, dass sein Chef ihn noch aufgehalten hatte und er nun im Stau stehe und daher erst zwei Stunden später da sei. Ich war ziemlich schadenfroh, da sie nun auch erst nachts in ihrem Hotel ankommen würden...
Der Abend mit den Freunden hat mich ein wenig abgelenkt von meinen Problemen, wir haben wenig über die Trennung gesprochen, nur einmal kurz als ich einen der Freunde fragte, bei welchem Urologen er wegen seiner Vasektomie war und er mich fragte, weshalb ich das wissen will und ich ihm den Grund nannte. Plötzlich war es sehr still am Tisch und alle schauten mich ungläubig an und jemand fragte, warum sich Daniel nicht selbst darum kümmern würde, warum ich die Telefonnummer heraussuchen sollte, das ginge mich doch nichts mehr an. Ich antwortete, dass es mich schon was anginge, weil ein Kind mit der Freundin für Julia und mich eine Katastrophe wäre, und dass ich es einfach so gewohnt wäre, für ihn diese Dinge zu erledigen, dass es mir gar nicht seltsam vorgekommen wäre... Auch etwas, das ich lernen muss....

Donnerstag, 30. Oktober 2008

Heute war ein mieser Tag...
Morgens war Daniel bei Nora und hatte Streit mit ihr wegen der Besuchsregelung mit Julia. Weil er alles entschieden hätte, ohne sie vorher zu fragen, ob es ihr recht sei. Spinnt die???
Danach kam er zu mir und wir frühstückten zusammen, damit mir beim Vorstellungsgespräch nicht der Magen knurrt und er sagte, dass er vor dem Gespräch nochmal anruft, was er auch machte und nochmal mit mir die einzelnen Punkte durchging.
Die Stellenanzeige dazu hatte ich letzte Woche im Internet gefunden. Eine Rehaklinik in der Nähe sucht eine Teilzeitkraft für eine Funktionsstelle, drei Tage in der Woche ohne Wochenende und Bereitschaft, also eigentlich genau richtig für mich. Ich habe die Pflegedienstleitung angerufen, deren Nummer dabeistand, ob die Stelle noch frei wäre und sie hätte mich am liebsten für den gleichen Tag zum Gespräch eingeladen, aber die Abteilungsleiterin wäre erst wieder am Montag da und die solle beim Gespräch dabei sein, also sollte ich Montag früh wieder anrufen , was ich auch machte und wir legten den Termin für heute nachmittag fest. Das war auch gut so, denn ich sollte gleich die Bewerbungsunterlagen mitbringen und ich hatte letzte Woche noch keine und die Bilder wurden auch erst heute morgen fertig...
Katrin fuhr dann mit mir hin und wartete draußen. Als ich an der Pforte war, konnte niemand die Abteilungsleiterin erreichen. Als sie dann zufällig vorbeikam, wußte sie nichts von dem Termin und die Pflegedienstleitung war einem Gespräch und auch nicht zu erreichen. Nun ja, wir unterhielten uns dann eine halbe Stunde, die Verabschiedung war eher kühl, ich rechne mir keine große Chancen aus...
Abends wollte Daniel dann nach der Arbeit gleich herkommen, mit uns zu Abend essen und sich um Julia kümmern. Denkste! Seine Nora hatte es geschickt eingefädelt und ihrer jüngeren Tochter an diesem Tag gesagt, dass es einen neuen Mann in ihrem Leben gäbe und Daniel musste hin, um sich vorzustellen. Danach wollte sie ihn überreden, dass er bleiben soll, da er ja nun offizielll bei ihr übernachten kann, wo beide Töchter Bescheid wissen... Daniel hat sich dann aber gewehrt und kam her, war aber nicht sonderlich gut gelaunt und wir bekamen Streit. Erstens, weil ich nicht gut fand, dass er so spät kam, zweitens, weil er angenervt war, weil ich denke, dass ich den Job wegen meines Gewichts nicht bekomme. Er meinte auch, dass er dieses Hin und Her nicht mehr will und ihr nicht mehr zumuten will und deshalb seinen Freund fragen möchte, ob er früher einziehen kann. Ich habe das Gefühl, dass wir ihn dann gar nicht mehr sehen... Und mein zweites Gefühl ist, dass es die letzte Nacht ist, die er hier schlafen wird...

Mittwoch, 29. Oktober 2008

Gestern abend war er mit Freunden Karten spielen und kam um ein Uhr betrunken hierher, um hier zu schlafen. Vorher nahm er mich in den Arm und sagte: "Glaub doch nicht immer alles was ich sage, ich liebe dich, hab Hoffnung" Schei...benkleister... und sofort hatte ich Hoffnung, obwohl ich weiß, dass er betrunken war und es nicht so meinte. Ich habe dann über eine Stunde gebraucht, wieder realistisch und traurig zu werden. Ich liebe ihn... Aber: Ich akzeptiere, dass die Partnerschaft vorbei ist, er kommt nicht mehr zurück...
Gegen drei wurde er wieder mal wach und schrie vor Kopfschmerzen, das hat er öfter, wenn er total betrunken ist, er merkt selbst davon gar nichts und weiß es am nächsten Morgen auch nicht mehr. Sogar Julia wurde wach davon und meinte sauer, dass er zu uns gar nicht mehr kommen brauche, wenn er betrunken sei, er solle doch zu seiner Freundin gehen und bei ihr schreien...
Aber er erzählt ja, dass er mit ihr zusammen aufhören wird zu rauchen und sich auch nicht betrinken will... mal sehen, wie lange er das durchhält...
Den Abend heute wollte er eigentlich mit Julia verbringen, aber sie hat bei einer Freundin übernachtet, also haben wir heute das Finanzielle und die "Besuchszeiten" geregelt. Finanziell ist er sehr großzügig, ich muß schauen, dass ich das alles notariell festgelegt bekomme, bevor er sich das anders überlegt... Für den Umgang mit Julia möchte er feste Termine, damit er sich darauf einstellen kann, aber natürlich kann sie ihn jederzeit anrufen oder besuchen.
Danach haben wir noch für mein morgiges Vorstellungsgespräch geübt, mein erstes richtiges in meinem Leben...
Ich konnte sogar etwas essen. Wenn er da ist, geht es mir ganz gut, obwohl die Trauer immer da ist...

Dienstag, 28. Oktober 2008

Eben hat er angerufen... Er hat von Nora erzählt, dass er gestern lange mit ihr wegen der Trennung gesprochen hat und sie auch möchte, dass wir uns freundschaftlich trennen, wie sie es mit ihrem ersten Mann geschafft hat, da Daniel sonst nicht der Mann wäre, den sie lieben könnte. Ich habe ihm erzählt, dass ich mir große Sorgen um Julia mache. Er sagte, dass er morgen abend hier sei, auch am Donnerstag abend und Freitag nachmittag. Abends würde er bis Sonntag zu Nora gehen. Ob er dann Sonntag nacht wieder hier ist? Ich akzeptiere, dass die Beziehung vorbei ist... das muss ich mir immer wieder sagen... Ach ja, am Ende des Gesprächs sagte er, dass er mich auch immer noch ein bisschen lieb habe und deshalb möchte, dass wir es schaffen, Freunde zu bleiben... Oh Gott... Ich akzeptiere, dass die Beziehung vorbei ist...
Heute habe ich wieder viel gelesen, auch im Internet über Einsamkeit nach der Trennung. Es war so erschreckend. Morgen früh werde ich die Psychotherapeutinnen von meiner Liste anrufen.
Vorhin was ich in der Thalia-Buchhandlung und dachte, dass es mir auch gut gefallen würde, in einem Buchladen zu arbeiten, auch wenn es als Verkäuferin wäre. Immerhin war ein eigener Buchladen mit Café immer mein Traum. Morgen früh ruf ich auch dort an. Und einer Freundin, die Leiterin einer öffentlichen Bücherei ist, habe ich eine Email geschrieben, dass sie an mich denken soll, wenn mal eine Stelle bei ihr frei wird, falls sie ungelernte Kräfte nehmen.
Und beim Universum habe ich mir für morgen den Lotto-Jackpot gewünscht, ich habe ausnahmsweise mal gespielt, immerhin habe ich ja gerade Pech in der Liebe...
Erste Schritte...
Als erstes habe ich es einer Freundin erzählt, die mich emotional auffing, bei der ich weinen konnte und kann, wann immer es nötig ist.
Dann habe ich mich an eine Beratungsstelle für Frauen in Trennungssituationen gewandt, ein Schritt, den ich allen Frauen nahelegen würde, die sich einer solchen Situation befinden. Dort war ich heute (mittlerweile gestern) zum ersten Mal. Ich schilderte meine Lage, natürlich unter Tränen, ich konnte sie nicht zurückhalten. Aber die Mitarbeiterinnen dort sind es gewohnt... Sie empfahlen mir, auf jeden Fall zu einer Rechtsanwältin zu gehen, die einmal im Monat bei ihnen eine kostenlose Erstberatung macht. Gott sei Dank hatten sie noch einen Termin in zwei Wochen frei, weil jemand abgesagt hate. Bis dahin muß ich mich mit Daniel geeinigt haben...
Ich habe im Internet nach Stellen für mich gesucht und überlegt, was ich machen möchte. Immerhin bin ich seit zehn Jahren aus meinem Beruf und sehr dick... Und ich habe mich noch nie richtig beworben außer für meine Ausbildungsstelle, danach wurde ich direkt übernommen.
Auf den Tipp der Beratungsstelle habe ich mir ein Buch gekauft, das ich uneingeschränkt weiterempfehlen kann, ich habe auch in mehreren Foren, die sich mit Trennung und Scheidung beschäftigen, schon gelesen, dass es vielen anderen Frauen auch geholfen hat: Doris Wolf, Wenn der Partner geht. Ich habe mich mit meinen Gefühlen sofort darin wiedererkannt und beherzige nun alle ihre Ratschläge ausser einem: Ich kann nicht auf Abstand gehen, schon allein wegen Julia, unserer Tochter, nicht. Sie teilt die Zeit nach der Trennung in vier Phasen ein, ich befinde mich in der ersten Phase des Nichtwahrhabenwollens. Ich muß nun einen Satz wie ein Mantra vor mich hinbeten: Ich bin bereit zu akzeptieren, dass die Partnerschaft zu Ende ist. Für mich habe ich das noch um einen weiteren Satz des Buches erweitert: Daniel will nur Freundschaft und keine Schuldgefühle haben, er will nicht mehr zu mir zurück. Das ist die Realität, der ich mich stellen muss...
Seit die Trennung offiziell ist, erzähle ich es jedem, der mich fragt, wie es mir geht und wo mein Mann ist. Bis jetzt war jeder total betroffen und konnte es nicht glauben, ausgerechnet bei uns hätte sich dasniemand jemals vorstellen können, wir wären doch das ideale Paar gewesen... Naja, Daniel wird ihnen schon erzählen, wie sehr er in der Beziehung gelitten hat unter der Oberfläche...
Ach ja, und ich habe vor, zu einer Psychologin zu gehen, damit ich meine Freundinnen nicht überstrapaziere, ich habe Angst, sie dadurch zu verlieren, auch wenn die Angst vielleicht irrationell ist. Im Buch von Doris Wolf steht, dass man sowieso damit rechnen muss, Freunde zu verlieren. WIe gut, dass ich auch eigene Freundinnen habe, nicht nur den gemeinsamen Freundeskreis...

Montag, 27. Oktober 2008

Wie fühle ich mich?
Als ob ich in einem Albtraum gefangen bin, aus dem es kein Aufwachen gibt, so sehr ich es mir auch wünsche... Alle Zukunftspläne sind dahin, ich muß völlig neu anfangen und ICH wollte das nicht, ich war mit meinem Leben zufrieden wie es war, er zwingt mich dazu. Ich habe große Zukunftsangst, werde ich es allein schaffen? Ich fühle mich einsam, alleingelassen, ich bin eifersüchtig, neidisch, verzweifelt, tieftraurig. Gleichzeitig fühle ich mich taub, stehe neben mir, bin ich nicht wirklich. Ich bin hektisch, zerstreut, werde weitergetrieben. Panik... Es kann nicht sein, wir lieben uns doch! Ich wünsche mir, dass er zu mir kommt und sagt, dass alles gar nicht wahr ist, dass er sich geirrt hat, dass er hier bleibt. Wir gehören doch zusammen, nichts kann uns auseinanderbringen... Er ist mein Leben, meine Stärke, meine Kraft, was bin ich ohne ihn? Wer bin ich ohne ihn? Meine Hobbies, ich kann nichts machen momentan, es ist alles nebensächlich, nichts ist wichtig. Aber mein Kind, ich muß doch ihr eine Stütze sein, ich muß stark sein für sie, sie hat auch sehr damit zu kämpfen, sie fühlt sich auch verlassen von ihm. Ich muß für sie da sein...
Warum? Warum hat er mich verlassen? Meine Version oder seine Version?
Zuerst seine, die ist nämlich einfach: Ich bin schuld und zwar nur ich. Ich habe mich nicht so verändert wie er es wollte, schon seit Jahren wollte. Ich bin fett und faul und habe mir auf seine Kosten ein schönes Leben gemacht. (Das kommt einigen Lesern sicher bekannt vor, so eine Frau kennt jeder oder meint sie zu kennen.) Seit vielen Jahren war er todunglücklich und ist nur aus Pflichtgefühl bei uns geblieben. Wenn alle Leute wüssten, wie er gelitten hat all die Jahre, würde niemand denken, dass es daran liegt, dass er eine andere Frau kennengelernt hat, denn die hat ihn nur abgeholt.
Meine Version: Wir kennen uns seit wir neunzehn sind und ich war seine erste Frau. Wir hatten ganz sicher auch unsere Krisen, eine sehr große zwischen 2000 und 2002, in deren Verlauf wir beide an Trennung dachten.
In den letzten beiden Jahren gab es einige dramatische Veränderungen in seinem und damit auch unserem Leben, erst Arbeitsplatzverlust und dann Krankheit. Ich gebe zu, als er seinen Arbeitsplatz verlor, war ich ihm keine große Unterstützung, ich hatte zu große Angst, mein Sicherheitsbedürfnis war zu hoch. Deshalb nahm er den sicheren Arbeitsplatz, den er angeboten bekam und nicht den riskanten, den er vielleicht lieber gemacht hätte. Allerdings hatte er auch von einem Freund, den er sehr schätzt, den Rat bekommen, den sicheren Arbeitsplatz anzunehmen. Ich glaube nicht, dass er es allein auf meinen Wunsch hin gemacht hätte. Er liebte seinen alten Job in seiner alten Firma, hatte viel Einfluss dort und seine Mitarbeiter beteten ihn an. Er mußte gehen, weil er einem anderen im Weg war, nicht weil er seine Arbeit schlecht oder einen Fehler gemacht hätte. Es war ein großer Schock für ihn. In der neuen Firma lebte er sich schnell ein und mittlerweile ist er dort genauso beliebt wie in der alten, in der er immer noch vermisst wird. Dann der zweite Schock: Die Probezeit war noch nicht vorbei als bei ihm Arteriosklerose festgestellt wurde in beiden Beinen, man sagt auch Raucherbein dazu... Verursacht durch Übergewicht, mangelnde Bewegung und natürlich das Rauchen, dazu noch Bluthochdruck. Er mußte operiert werden, bekam einen Stent ins rechte Bein, ich hatte wieder Angst, diesmal um ihn. Danach änderten wir die Ernährungsgewohnheiten, er ging zur Kur, fing dort an zu Walken und nahm ab. Das Rauchen versuchte er sich abzugewöhnen, hat es aber bis heute nicht geschafft, darauf komme ich aber nochmal zu sprechen. Plötzlich merkte er, dass auch sein Leben endlich ist und er nicht von Schicksalsschlägen verschont würde. Also schlich sich unbemerkt die Midlife-Crisis in sein Leben... Plötzlich sollte auch ich abnehmen, war ihm zu dick, ich sollte wieder arbeiten gehen oder wenigstens ein Ehrenamt übernehmen und ich sollte ordentlicher werden (seine Unordentlichkeit war nie Thema...) Also fing ich an, auszusortieren, Kartons zu packen, ich ging auch walken, meldete mich im Fitnessstudio an, nahm ab, aber dann auch wieder zu. Er fing mit der nächsten Rauchentwöhnung an, diesmal mit psychologischer Begleitung. Sein Psychologe nannte ihn einen Grenzgänger, Rauchen wäre für ihn das Überschreiten einer Grenze, wenn er diese Grenze nicht mehr überschreiten würde, dann würde er sich die nächste Grenze suchen. Seine nächste Grenze war die neue Frau... Die Arbeit fing an, ihn zu langweilen, er suchte eine neue Herausforderung. Er wollte und will ein neues Leben, nochmal neu anfangen ohne Altlasten. Was ich und unsere Tochter wollen ist ohne Bedeutung... Er raucht übrigens wieder seine zwei Schachteln am Tag, da die Situation nicht unbedingt das Aufhören erleichtert.
Heute ist der 6. Tag, nachdem mein Mann (sollte ich schreiben Ex-Mann?) mir gesagt hat, dass er eine Wohnung gefunden hat und ausziehen wird...
Angefangen hat alles Anfang September, wir waren gerade aus dem Urlaub zurück, drei harmonische, erholsame Wochen zusammen mit unserer Tochter und Freunden und keine Anzeichen, dass er irgendwie unglücklich in der Beziehung war. Wir waren auf eine Party eingeladen, auf der er sie das erste Mal sah. Und ich habe es sogar gemerkt und hatte gleich ein ungutes Gefühl, als er mit ihr nach draußen ging, um sich mit ihr zu unterhalten. Dabei bin ich nicht der eifersüchtige Typ, ich hatte immer Vertrauen in uns und unsere Beziehung, nie hätte ich gedacht, dass sie jemals zu Ende sein könnte, wir hatten doch schon einige Krisen durchgestanden in den letzten 25 Jahren... Er blieb länger als ich, auch nichts ungewöhnliches, und da haben sie sich wohl auch schon geküsst, wie er mir später erzählte. Ein Partyflirt, nichts weiter... und nun lebt er mit ihr und ihren Kindern.
Herausgefunden habe ich es ziemlich schnell, auch wenn nun einige Leser aufschreien werden. Er hat sein Handy aufgeladen in der Küche und es kam eine SMS. Da er in der Wohnung schlechten Empfang hat (hatte?), habe ich oft nachgesehen, ob jemand angerufen hat und es ihm dann gesagt, da er in seiner Position fast immer erreichbar sein muss. Das war auch nie ein Problem bisher. Aber diesmal fiel mir eine SMS auf. Außer dem Namen des Absenders kann man auch die erste Zeile der SMS lesen und seltsamerweise stand dort ein anderer Name. Ich hielt ihm diese eigentlich unverfängliche SMS unter die Nase und er gab sofort zu, dass es die Frau von der Party wäre, er hätte sie interessant gefunden und wollte sie nochmal treffen. Auf meine Frage, warum er es verheimlicht hätte, meinte er, um mich nicht zu beunruhigen... Aha... Aber alles völlig harmlos... Denn er würde ja mich lieben und mich und unsere Tochter niemals verlassen, das könne ich ihm glauben und mich vollständig darauf verlassen. Ich nahm es aber nicht so locker und bestand darauf, dass er sie nie mehr wiedersehen solle, weil ich schreckliche Angst bekam. Es begann eine Zeit der Diskussionen und Gespräche, er traf sich noch zweimal mit ihr, um die Sache zu beenden, die nach seinen Worten noch nicht angefangen hatte. Dabei haben sie sich immer geküsst, wenn sie sich trafen und auch noch mehr. Sie vereinbarten eine Woche Funkstille, in der sie sich über ihre Gefühle klar werden wollten, an die er sich, wie ich im Nachhinein erfuhr, aber nicht hielt und sie jeden Tag traf. Wir hatten auch immer noch Sex in dieser Zeit und er beteuerte täglich, dass er mich liebe und bei mir bleiben würde. Mitte Oktober sprach er das erste Mal von Trennung, am Geburtstag meines Vaters. Als sich meine Cousine von mir verabschiedete, sagte sie zu mir, dass wir immer noch so verliebt wirken würden, mir brach fast das Herz dabei... eine Woche später hatte er die neue Wohnung...